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BTK-Inhibitoren: Neue Therapieoption bei MS?

Trotz wirksamer MS-Therapien bleibt die Behandlung der schleichenden Progression eine Herausforderung. Bruton-Tyrosinkinase (BTK)-Inhibitoren könnten hier eine vielversprechende Therapieoption darstellen. Das zeigen mehrere Studien, die auf dem ECTRIMS 2023 vorgestellt wurden.

Fehlgeleitete B-Zellen spielen eine entscheidende Rolle in der Pathogenese der MS. Da liegt es nahe, dass weitere MS-Medikamente entwickelt werden, die sich ebenfalls gegen die B-Zellen richten. Dazu gehören auch die BTK-Inhibitoren, die bereits bei anderen Erkrankungen erfolgreich zum Einsatz kommen. Mehrere Studien legen nun das Potenzial von BTK-Inhibitoren auch bei MS nahe.

Wirkweise der BTK-Inhibitoren bei MS?

BTK ist ein Enzym, das in verschiedenen Immunzellen vorkommt – so auch in B-Zellen. Hier trägt es zur Reifung und Vermehrung der B-Zellen bei. Bei MS fördert die BTK dadurch die Aktivität der fehlgeleiteten B-Zellen und damit die Entzündungsprozesse. So konnte gezeigt werden, dass BTK in den Entzündungsherden bei MS deutlich erhöht vorkommt.1 BTK-Inhibitoren können die Aktivität der BTK in den fehlgeleiteten B-Zellen hemmen, sodass die Entzündung abklingen kann.

Darüber hinaus fördert die BTK die Aktivität eines weiteren wichtigen Zelltyps in den Entzündungsherden: die Mikroglia. Dies sind im zentralen Nervensystem (ZNS) ansässige Immunzellen. Sie gelten bei MS als Schlüsselfaktoren für die schleichende Progression und die Schädigung der Nerven – und tragen damit entscheidend zu MS-bedingten Beeinträchtigungen bei.1,2

Potenzielle Vorteile der BTK-Inhibitoren bei MS

Aufgrund ihrer geringen Größe können BTK-Inhibitoren nachgewiesenermaßen die Blut-Hirn-Schranke überwinden.3 Und das könnte insbesondere bei der Behandlung der schleichenden Progression einen Fortschritt bedeuten. Denn neben der akuten Entzündung finden im ZNS auch chronische Entzündungsprozesse statt. Diese tragen maßgeblich zur schleichenden Progression und damit zur fortschreitenden Zunahme von Beeinträchtigungen bei. Verantwortlich für diese chronische Entzündung sind vermutlich Immunzellen, die hinter einer intakten Blut-Hirn-Schranke im ZNS eingeschlossen sind. Da BTK-Inhibitoren ins ZNS vordringen können, könnten sie hier effizienter die chronische Entzündung bei MS verringern – und auch auf die Mikroglia ihre Wirkung entfalten.

Aktueller Forschungsstand zu BTK-Inhibitoren bei MS

Aktuell laufen mehrere klinische Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener BTK-Inhibitoren bei Menschen mit RMS, SPSMS und PPMS prüfen.4 Die vorläufigen Ergebnisse dieser Studien sind vielversprechend. Eine abschließende Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit der einzelnen BTK-Inhibitoren bei MS steht jedoch noch aus.

Quellen

  1. Waede et al. Posterpräsentation P105. MSMilan 2023.
  2. Langlois et al. Posterpräsentation P686. MSMilan 2023.
  3. Bar-Or et al. Präsentation O187. MSMilan 2023.
  4. Geladaris A, et al. CNS Drugs 2022;36:1019.